Was ist mit Reisekosten bzw. der Verkehrsgebühr von der Rechtsschutzversicherung bei Videoverhandlung von mehr als 100 km?

Mandant wohnt mehr als 100 km vom Gerichtsort, Deckungszusage, weitere Gebühr von der RS-Versicherung, Videokonferenztechnik?

Sie Lieben,

folgende Kundenfrage erreichte mich am 20. April 2023: Derzeit stellt sich uns die Frage, ob wir im Falle der Deckungszusage durch eine Rechtsschutzversicherung und einer Entfernung des Wohnorts des Mandanten vom Gerichtsort von mehr als 100 km die Extra-Verfahrensgebühr von der Rechtschutzversicherung auch dann bekommen, wenn wir nicht zum Termin fahren, sondern eine Video – Verhandlung durchführen. Ist Ihnen das schon mal begegnet? Vielen Dank im Voraus für Ihre Mühe.

Antwort: Ich verstehe, was Sie meinen. Eine Rechtsgrundlage für die Geltendmachung einer weiteren Verfahrensgebühr, die aufgrund einer Videokonferenz eingespart worden ist, sehe ich allerdings nicht. Sinn und Zweck solcher Videokonferenzen ist ja, Zeit und Kosten einzusparen. Mangels Reise kann auch keine fiktive Gegenrechnung von Reise- und Abwesenheitskosten erfolgen.

Nun kann man sich evtl. streiten über manch einen Wortlaut in den Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen der Versicherer. Das wäre einzeln zu prüfen.

Bei nachfolgender Vereinbarung der LVM-RS-Versicherung (ARB 2021) mit dem Mandanten sehe ich keine Verfahrensgebühr:

Wohnen Sie mehr als 100 km Luftlinie vom zuständigen Gericht entfernt?
Dann übernehmen wir bei Ihrer gerichtlichen Streitigkeit die gesetzliche Vergütung eines anderen Rechtsanwalts, der nur den Schriftverkehr mit dem Anwalt am Ort des zuständigen Gerichts führt (sogenannter Verkehrsanwalt). (LVM ARB 2021)

Bei nachfolgenden ARB der Württembergischen (ARB 2021 Premium) sieht das etwas anders aus:

Wohnen Sie mehr als 100 km Luftlinie vom zuständigen Gericht entfernt?
Dann übernehmen wir bei Ihrer gerichtlichen Streitigkeit weitere anwaltliche Kosten, und zwar bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines anderen Rechtsanwalts, der nur den Schriftverkehr mit dem Anwalt am Ort des zuständigen Gerichts führt (sogenannter Verkehrsanwalt).

Allerdings ergibt es sich schon aus der Sache, dass bei einer Videoverhandlung keine Reisekosten entstehen, also auch keine „weiteren (Reise)Kosten“ entstanden sein können, die bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines anderen Rechtsanwalts (Verkehrsanwalt) angesetzt werden können. Mithin ist es unerheblich, ob der Mandant mehr als 100 km Luftlinie vom Gerichtsort entfernt wohnt oder nicht.

Gerichtskosten für Videoverhandlung des Gerichts mit dem Rechtsanwalt

Werden Kosten für die Anschaffung der Videokonferenztechnik nach VV RVG erstattet?

Kosten für die Anschaffung von Videokonferenztechnik werden – ähnlich wie seinerzeit bei Anschaffung des Faxgerätes – nicht erstattet. Wie sollten diese aufgesplittet werden? Wie viele Verhandlungen führen Sie mit dieser Videokamera? Wie oft nutzen Sie das Mikrofon bzw. das Headset und für welche Videoverhandlungen? Sollten Sie hier Kosten ansetzen wollen, wäre dies mit einer kleinen Honorarvereinbarung gegenüber Ihrem Mandanten möglich.

Und auch im Gegensatz zu Nr. 9019 KV-GKG, die eine Pauschale für die Inanspruchnahme von Videokonferenzverbindungen je Verfahren für jede angefangene halbe Stunde i. H. v. 15 EUR regelt, gibt es eine solche Regelung für z. B. Videokonferenztechnik, Stromkosten, evtl. eigenen Videokonferenzcomputer usw. nicht.

Hinweis! Manche Rechtsanwälte setzen für jede Kleinigkeit eine kleine Vergütungsvereinbarung an. Vergütungsvereinbarungsmuster finden Sie auf meiner Kanzleifachwissen24-Webseite hier-klick.

Für Videokonferenzeinsteiger: Videokonferenzanbieter verlangen i. d. R. jährliche Nutzungsgebühren für die zur Verfügungstellung von Videokonferenzplattformen, daher in Nr. 9019 KV-GKG auch die „Nutzungspauschale“.

Tipp! Gute Videokameras gibt es bereits für wenig Geld zu kaufen. Wichtig ist vor allem die zugrunde liegende Technik Ihres Computers, Lichtverhältnisse und natürlich die Verschönerung von uns selbst. – zwinker –

Ihre Konstanze Halt ahttps://www.kanzleifachwissen24.de/cms/Die-Verguetungsvereinbarung-b-1-187-841.html#841m 20.3.2023